Demenz und Migration
Der kultursensiblen Pflege von Menschen mit Migrationshintergrund mit einer Demenzerkrankung kommt, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren gestiegenen Zuwanderung, eine zunehmend wichtige Bedeutung zu. Krankenhäuser, Beratungsstellen, Pflegedienste, Pflegeeinrichtungen und viele weitere Träger rechnen in Zukunft mit einem Anstieg der Zahl an Demenz erkrankter Migrantinnen und Migranten.
Menschen mit Migrationshintergrund und einer Demenzerkrankung sind daher meist besonders belastet, da ihr Umfeld ihnen oft „doppelt fremd“ erscheint: Nicht nur Erinnerungen an das eigene Herkunftsland verblassen, auch die früheren im Herkunftsland erworbenen soziokulturellen Wertvorstellungen rücken häufig wieder in den Vordergrund. Die aktuellen Lebensbedingungen, an die sich die betroffenen Migrantinnen und Migranten bereits erfolgreich gewöhnt hatten, erscheinen jedoch zunehmend fremder. Hinzu kommt der Verlust der in der Regel spät erlernten deutschen Sprache.
Daten und Fakten
Im Jahr 2016 lebten in Deutschland 18,5 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, davon mehr als 1,8 Millionen, die über 65 Jahre alt sind (Statistisches Bundesamt, 2016). Bundesweit gibt es etwa 108.000 Menschen mit Migrationshintergrund, die an einer Demenz erkrankt sind (Demenz-Servicezentrum NRW für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, 2015). Da die Zahl älterer Migrantinnen und Migranten in Deutschland wächst, ist davon auszugehen, dass Demenzerkrankungen in den nächsten Jahren auch in dieser Bevölkerungsgruppe deutlich zunehmen werden. Unter den älteren Menschen mit Migrationshintergrund bilden derzeit Spätaussiedler und Migranten aus Mittel- und Osteuropa die mit Abstand größte Gruppe. Die Anzahl der über 65jährigen russischsprachigen Migrantinnen und Migranten ist deutlich größer als die der älteren türkischstämmigen Migrantinnen und Migranten.
Demenz und Migration
Demenz und Migration bietet als Projekt-Internetseite der Deutschen Alzheimer Gesellschaft Hinweise und Informationen zum kultursensiblen Umgang mit Demenz. Die Seite gibt wesentliche Informationen zum Thema Demenz auch in türkischer, polnischer und russischer Sprache. Darüber hinaus listet sie muttersprachliche Beratungsstellen auf. Menschen mit Demenz und Migrationshintergrund hilft es in besonderem Maße, wenn ihre kulturelle Identität von anderen geachtet wird, da sich durch die Demenz das Gefühl von Fremdheit und Unsicherheit noch verstärkt. Die eigene Kultur vermittelt ihnen Orientierung und Sicherheit, da auch die erlernte deutsche Sprache mit der Krankheit zunehmend verloren geht. Das Projekt wird vom Bundesfamilienministerium gefördert.
Nasch Dom
Das vom Bundesfamilienministerium geförderte Projekt „Nasch Dom“ hat interkulturelle Kompetenzen gefördert und dazu beigetragen, kultursensible Versorgungs- und Pflegeangebote auszubauen. Ziel war die Professionalisierung und Qualifizierung der Migrantenselbstorganisationen im Bereich Seniorenarbeit und Pflege sowie die Vernetzung mit anderen lokalen Angeboten. Nasch Dom richtete sich im Kern an die Gruppe der russischsprachigen Migrantinnen und Migranten sowie deren Migrantenorganisationen.
Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz
Auch zahlreiche Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz, deren Ziel der Auf- oder Ausbau regionaler Netzwerke vor Ort ist, bieten Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund an. Das Bundesfamilienministerium hat insgesamt 500 Lokale Allianzen zur Unterstützung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen gefördert.
Rat und Hilfe von Gleichgesinnten
Der Kontakt zu Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, kann helfen mit der eigenen Situation besser zurechtzukommen. Vernetzung spielt eine ebenso große Rolle wie professionelle Beratung. Beratungsstellen, lokale Alzheimer-Gesellschaften oder Wohlfahrtsverbände bieten häufig Selbsthilfegruppen für Angehörige von Demenzkranken an. Unser Angehörigen-Weblog bietet hier eine Plattform für den persönlichen Austausch, der hilfreich sein kann.
Weitere Informationen
Weitere Informationen zu Rat und Hilfe erhalten Sie hier:
Rat und Hilfe
Internet-Links
Demenz und Migration
Auf dieser Internetseite informiert die Deutsche Alzheimer Gesellschaft alle in der Altenhilfe Tätigen und sonstige Interessierte zu den Themen Migration, Demenz, Kultursensibilität und kulturspezifische Besonderheiten. Außerdem wurden für Migrantinnen und Migranten grundlegende Informationen und Videos über Demenz in verschiedenen Sprachen zusammengestellt. Die deutsche Übersetzung dazu ist auf den jeweiligen Seiten ebenfalls aufrufbar.
NASCH DOM - ein Projekt zur Verbesserung der Versorgung russischsprachiger Demenzkranker
Informationen rund um das Projekt: Inhalt, Ziel, Zielgruppe sowie Partner und Wege der Umsetzung. Zudem ausführliche Informationen zum Thema Demenz und Migration.
Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz
In der Projektliste der Lokalen Allianzen können Sie Projekte filtern, die Angebote für an Demenz erkrankte Menschen mit Migrationshintergrund in Ihrer Nähe anbieten.
PHOENIX-Köln e. V.
Das Kultur- und Integrationszentrum Phoenix-Köln e. V. ist eine Begegnungsstätte für Migrantinnen, Migranten und Einheimische. Das Zentrum ist für alle geöffnet, unabhängig von der Nationalität, der Religion und der politischen Orientierung.
Der Verein hat mehrere Projekte initiiert und betreut, die sich insbesondere an Zugewanderte richten und die helfen sollen, möglichst rasch und umfassend in sprachlicher, sozialer, wirtschaftlicher, rechtlicher und politischer Hinsicht eingegliedert zu werden. Zielgruppen sind: Eltern, Kinder, Jugendliche, Frauen und ältere Menschen.
Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) e. V.
Die BAGSO - Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. ist die Lobby der älteren Menschen in Deutschland. Sie vertritt deren Interessen gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, wobei sie auch immer die nachfolgenden Generationen im Blick hat. Sie setzt sich unter anderem für ein möglichst gesundes Altern und eine hochwertige gesundheitliche und pflegerische Versorgung ein.
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Forschungsbericht 18, herausgegeben vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu: Ältere Migrantinnen und Migranten. Entwicklungen, Lebenslagen, Perspektiven.
Die Bundesregierung
11. Lagebericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland.