Pflege-Charta

Damit Pflegebedürftige und deren Angehörige wissen, welche Rechte ihnen nach dem Grundgesetz und den Sozialgesetzbüchern zustehen, wurde 2005 erstmalig die Pflege-Charta („Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen“) herausgegeben, welche das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), dem Deutschen Zentrum für Altersfragen und vielen weiteren Akteuren aus Verbänden, den Bundesländern, der Wissenschaft und der Praxis erarbeitete.

Die zentralen Rechte der Pflege-Charta sind folgende:

Artikel 1: Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe

Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Hilfe zur Selbsthilfe sowie auf Unterstützung, um ein möglichst selbstbestimmtes und selbstständiges Leben führen zu können.

Artikel 2: Körperliche und Seelische Unversehrtheit, Freiheit und Sicherheit

Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, vor Gefahren für Leib und Seele geschützt zu werden.

Artikel 3: Privatheit

Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Wahrung und Schutz seiner Privat- und Intimsphäre.

Artikel 4: Pflege, Betreuung und Behandlung

Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf eine an seinem persönlichen Bedarf ausgerichtete, gesundheitsfördernde und qualifizierte Pflege, Betreuung und Behandlung.

Artikel 5: Information, Beratung und Aufklärung

Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf umfassende Informationen über Möglichkeiten und Angebote der Beratung, der Hilfe und Pflege sowie der Behandlung.

Artikel 6: Wertschätzung, Kommunikation und Teilhabe an der Gesellschaft

Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Wertschätzung, Austausch mit anderen Menschen und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Artikel 7: Religion, Kultur und Weltanschauung

Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, seiner Kultur und Weltanschauung entsprechend zu leben und seine Religion auszuüben.

Artikel 8: Palliative Begleitung, Sterben und Tod

Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, in Würde zu sterben.

Die Pflege-Charta in der Praxis

Für pflegende Angehörige kann die Pflege-Charta eine Leitlinie für zu Hause sein, um eine gute, sichere und würdevolle Pflege zu sichern. Erfolgen die Pflege und Betreuung durch einen ambulanten Pflegedienst oder in einem Pflegeheim fragen Sie nach, ob die Versorgung in der Einrichtung nach der Pflege-Charta erfolgt.

Pflegebedürftige haben ein Recht darauf, dass Ihre Bedürfnisse wahrgenommen werden. Die Pflege-Charta ist Maßstab für Qualität in der Pflege, ein Kriterium der Bewertung für Aufsichtsbehörden und für den Gesetzgeber Orientierung bei der Aushandlung neuer Regelungen.

Einige Beispiele:

  • Pflegebedürftige Menschen können die Pflege-Charta heranziehen, um Klarheit über die eigenen Rechte zu erlangen und diese besser einzufordern. Gleiches gilt für (pflegende) Angehörige, die sich Klarheit darüber verschaffen wollen, welche Standards ein angemessener Umgang zum Beispiel in einer Einrichtung erfüllen muss.
  • Einrichtungen dient die Pflegecharta als Leitfaden für eine gute, würdevolle Versorgung. Sie können die Charta für das interne Qualitätsmanagement heranziehen und dadurch die Qualität der Pflege verbessern. In verschiedenen, durch das Bundesseniorenministerium geförderten Projekten ist dieses Vorgehen bereits in der Praxis begleitet worden – mit gutem Erfolg.
  • In der Aus-, Fort- und Weiterbildung kann die Pflege-Charta eingesetzt werden, um den Auszubildenden die Grundsätze guter Pflege näher zu bringen – aus der Perspektive der Rechte der pflegebedürftigen Menschen.
  • Medizinische Dienste und Aufsichtsbehörden der Bundesländer können die Pflege-Charta für die Qualitätsbewertung nutzen und in Prüfungs- und Beratungsprozesse einbeziehen.
  • Für die Politik ist die Pflege-Charta immer wieder wichtiger Orientierungspunkt bei der Gesetzgebung. So war die Charta zum Beispiel ein wichtiger Bezugspunkt bei der Erarbeitung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (PfWG, in Kraft seit 01.07.2008) oder beim Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG, in Kraft seit 01.10.2009) Auch in den Bundesländern wird der Pflege-Charta immer wieder als Grundlage für die Gesetzgebung herangezogen.

Weitere Informationen zur Pflege-Charta

Eine gute Übersicht zu den einzelnen Artikeln der Pflege-Charta, erklärende Filme und Beispiele für die Anwendung finden Sie hier.

Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) bietet Arbeitsmaterialien in den Kategorien „Wissen“, „Reflexion“, „Methoden“ und „Verbreitung“ an. Hier finden Sie unter anderem auch eine Erläuterung der Pflege-Charta in Einfacher Sprache, Präsentationsfolien, Arbeitsblätter, Methodenvorstellungen oder Druckvorlagen für verschiedene Informationsblätter. Weitere Informationen finden Sie hier.

Auch die professionelle Pflege verfügt über eine Art „Charta“. Es ist ein sogenannter Ethikkodex, der vom „International Council of Nurses“ (ICN) herausgegeben wurde. Die in diesem Kodex zum Ausdruck gebrachten Werte und Verpflichtungen gelten für Pflegefachpersonen in allen Arbeitsfeldern, Rollen und Praxisgebieten und wurde im Jahr 1953 erstmals verabschiedet. Die letzte Überarbeitung erfolgte 2021. Eine Übersetzung des Kodex finden Sie unter Wege zur Pflege (PDF-Dokument).