Palliativ- und Hospizversorgung

Ziel

Die Palliativ- und Hospizversorgung hat das Ziel, Menschen mit einer lebensbegrenzenden Erkrankung und ihre Angehörigen ganzheitlich zu begleiten und ihnen eine möglichst hohe Lebensqualität zu ermöglichen. Belastenden Beschwerden wie Schmerzen oder anderen körperlichen, psychosozialen und spirituellen Probleme soll vorgebeugt werden. Sie sollen frühzeitig erkannt, sorgfältig eingeschätzt und behandelt werden.

Menschen mit Demenz erleben ähnlich starke Beschwerden wie Menschen mit Krebserkrankungen und profitieren von einer Palliativversorgung. Statt der Heilung der Grunderkrankung oder der Lebensverlängerung, steht bei einer Palliativversorgung die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Nahestehenden im Mittelpunkt. Dies kann bedeuten, dass nicht die Ursache, sondern nur die Beschwerden einer Erkrankung behandelt werden. Mitunter unterbleibt eine Therapie der Grunderkrankung, da sie viele Nebenwirkungen und Belastungen mit sich bringen würde. Eine damit eventuell verbundene Lebensverkürzung wird in Kauf genommen. Die Begründerin der Palliativversorgung Cicely Saunders formulierte die Haltung wie folgt: „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“

Zeitpunkt

Im besten Fall kommt Palliativversorgung hinzu, bevor die Situation die Angehörigen und beruflich Pflegenden an ihre Grenzen bringt und nur noch schwer zu bewältigen ist. Grundsätzlich kann Palliativversorgung in allen Krankheitsphasen einsetzen und unterschiedlich stark eingebunden sein. Sie ist keinesfalls ausschließlich an die Sterbephase gebunden und kann auch neben Therapien mit dem Ziel der Lebensverlängerung angewendet werden. Palliativversorgung kann zum Beispiel zum Zeitpunkt der Diagnosestellung, bei Verschlechterung der Erkrankung, neu auftretenden Beschwerden oder am Lebensende hinzukommen. In der Phase der fortgeschrittenen Demenz ist eine Palliativ- und Hospizversorgung in jedem Fall angezeigt.
Die Anwendung der "Überraschungsfrage" ist ein Versuch, den Zeitpunkt für das Hinzuziehen der Palliativversorgung zu bestimmen. Stellt das Behandlungsteam die Frage „Wären wir überrascht, wenn dieser Mensch innerhalb des nächsten Jahres verstirbt?“ und beantwortet sie mit nein, ist eine palliativ ausgerichtete Versorgung angezeigt. Abgewandelt kann diese Frage für die Sterbephase angewendet werden in „Wäre ich überrascht, wenn der Betroffene in einigen Tagen verstorben wäre?“. Wird die Frage von den Betreuenden verneint, fällt es unter Umständen allen Beteiligten leichter, sich auf eine Sterbebegleitung einzustellen und vorbeugend schwere Belastungen zu verhindern.

Der „SPICT-DETM“ Leitfaden gibt ebenfalls Hinweise, ab wann eine Palliativversorgung vorteilhaft sein kann. Diese lauten wie folgt:

  • Es kommt zu wiederholten und ungeplanten Krankenhauseinweisungen.
  • Der Allgemeinzustand verschlechtert sich zusehends und die Person verbringt mehr als den halben Tag liegend oder sitzend.
  • Die Person kann sich kaum noch sprachlich ausdrücken.
  • Die Person ist im Alltag auf umfassende Unterstützung angewiesen, etwa beim Ankleiden, Bewegen und Essen. Die Angehörigen benötigen Unterstützung und Entlastung.
  • Es kommt zum Gewichtsverlust, die Person isst und trinkt weniger und hat vermehrt Schluckstörungen.
  • Eine Inkontinenz von Urin und Stuhl entwickelt sich.
  • Es kommt zu wiederholten fieberhaften Infekten oder Lungenentzündungen durch in die Lunge gelangte Speisen oder Speichel.
  • Es kommt zu wiederholten Stürzen, eventuell begleitet von Knochenbrüchen.
  • Auch von den An- und Zugehörigen kann der Wunsch nach einer Palliativversorgung oder Ausrichtung der Behandlung auf die Lebensqualität geäußert werden.

Angebote und Leistungserbringer

Palliativ- und Hospizversorgung wird von Ärztinnen und Ärzten, Pflegenden, Sozialdienstmitarbeitenden und weiteren hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden erbracht. Sie wird ambulant (zu Hause), stationär in Krankenhäusern oder in Langzeiteinrichtungen wie Pflegeheimen und Hospizen erbracht. Der Anspruch auf Palliativ- und Hospizversorgung ist gesetzlich geregelt, jede Versicherte und jeder Versicherte hat einen Anspruch darauf. Für Menschen in der gesetzlichen Krankenversicherung entstehen dadurch keine zusätzlichen Kosten.

Ambulante Palliativversorgung
Die ambulante Versorgung wird auch als allgemeine ambulante Palliativversorgung bezeichnet. Oft verfügen Hausärztinnen und Hausärzte über eine Zusatzqualifikation in Palliativmedizin. Sie erbringen Palliativversorgung für ihre Patientinnen und Patienten, oft in Zusammenarbeit mit ambulanten Pflegediensten. Palliativpflegedienste verfügen über Pflegekräfte mit einer sogenannten „Palliative Care Weiterbildung“. Diese sind damit speziell für die Bedürfnisse von schwer erkrankten und sterbenden Menschen ausgebildet. Hausärztinnen und Hausärzte sowie Palliativpflegedienste können die Menschen zu Hause und in Pflegeeinrichtungen betreuen. Inzwischen haben immer mehr Pflegeheime Mitarbeitende mit einer Fortbildung zur Palliativversorgung.

Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV)
Als weiterer Baustein kann ergänzend die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) hinzukommen. Bei einer besonders aufwändigen Versorgung und einer komplexen Problemlage kann die Hausärztin oder der Hausarzt die ambulante spezialisierte Palliativversorgung verordnen. Aus dem Krankenhaus heraus kann die Verordnung nur für wenige Tage ausgestellt werden. Die SAPV-Teams arbeiten berufsübergreifend und setzen sich aus Ärztinnen und Ärzten, Pflegenden, gegebenenfalls Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, Psychologinnen und Psychologen sowie anderen Berufsgruppen zusammen. Die Koordination der einzelnen Leistungen und die Kooperation mit anderen Diensten sind dabei wichtiger Bestandteil. Die Teams versorgen in Zusammenarbeit mit den Hausärztinnen und Hausärzten die Menschen zu Hause oder Pflegeeinrichtungen. Sie sind rund um die Uhr über eine Rufbereitschaft erreichbar.

Ambulante Hospizdienste
Die ambulanten Hospizdienste begleiten und unterstützen schwer Erkrankte und ihre An- und Zugehörigen. Sie tragen dazu bei, dass Betroffene weiter in ihrem Zuhause leben können. Die Begleitung findet überwiegend zu Hause, in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern statt.
Die erkrankten Personen oder die Angehörigen können entweder selbst Kontakt aufnehmen oder die Mitarbeitenden der Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser stellen den Kontakt zum Hospizdienst her. Mit den Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleitern können dann die einzelnen Wünsche und weiteren Schritte abgesprochen werden. Die Hospizdienste sind über den Tod hinaus für die An- und Zugehörigen ansprechbar und begleiten sie auch durch die Zeit der Trauer.

Stationäre Palliativversorgung
Einige Krankenhäuser halten Palliativstationen vor, auf denen schwer erkrankte Menschen und Sterbende versorgt werden. Hier werden meist Menschen mit akuten Problemen betreut und Vorbereitungen für eine Entlassung nach Hause getroffen. In Deutschland gibt es circa 350 solcher Palliativstationen. Im Krankenhaus kann Palliativversorgung auch über spezialisierte Palliativteams stattfinden, die ihre Beratung und Mitbehandlung mobil auf den Stationen anbieten.

Hospiz
Stationäre Hospize sind Orte, an denen schwer erkrankte Menschen ihr Lebensende verbringen können. Sie ähneln anderen Pflegeeinrichtungen, nehmen jedoch viel weniger Gäste auf. Die Menschen erhalten dort eine palliative Versorgung, die ganzheitlich ausgerichtet ist. Im Hospiz arbeiten hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Berufsgruppen, wie Pflegekräfte, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Therapeutinnen und Therapeuten, Psychologinnen und Psychologen, Seelsorgerinnen und Seelsorger sowie ehrenamtliche Mitarbeitende. Eine Ärztin oder ein Arzt ist meist nicht angestellt, eine Betreuung durch die bekannte Hausärztin oder den bekannten Hausarzt kann hier weiter erfolgen. Zurzeit gibt es circa 260 stationäre Hospize in Deutschland.