Bärbel Schönhof Beschäftigung osteuropäischer Hilfskräfte

Die Pflege und Versorgung von Demenzkranken bringt viele Familien an den Rand ihrer Kräfte. Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung können Angehörige oft nicht allein leisten, sie sind auf Hilfe angewiesen. In vielen Fällen wird ein ambulanter Pflegedienst hinzugezogen. Als Alternative hierzu werden auch oft osteuropäische Haushalts- und Pflegehilfen gesehen, die seit Mai 2011 ohne eine formale Arbeitserlaubnis in Deutschland arbeiten dürfen. Doch häufig gehen Familien, die die Hilfe von osteuropäischen Haushalts- und Pflegekräften in Anspruch nehmen, das Risiko ein, sich strafbar zu machen.

Ein Fall aus meiner Praxis: Frau Müller (Name und persönliche Daten geändert) ist pflegebedürftig. Ihr Ehemann hat bislang die Pflege übernommen, ist jedoch durch die monatelange 24-Stunden-Betreuung seiner Frau am Ende seiner Kräfte. Ein ambulanter Pflegedienst würde die erforderliche Entlastung nicht in dem Maße ermöglichen, die er benötigt. So lässt er sich von einer polnischen Agentur eine selbstständige Haushaltshilfe vermitteln, die zunächst für drei Monate in seinem Haushalt arbeiten soll. Nach Ablauf von drei Monaten wird ihm eine andere Haushaltshilfe zur Verfügung gestellt. Herr Müller ist hocherfreut über die schnelle Vermittlung und die Hilfskraft Maria fügt sich gut in den Haushalt ein. Sie kommt mit Frau Müller gut zurecht, hilft bei kleineren alltäglichen Verrichtungen und erhält pünktlich ihren Lohn. Herr Müller vertraut der Angabe der Agentur, dass Maria selbstständig tätig ist. Er geht also davon aus, dass er die Hilfskraft nicht bei der Krankenkasse anmelden muss, keine Sozialversicherungsbeiträge für sie abzuführen hat und keine Lohnsteuer.
Nach einiger Zeit geschieht ein Unglück: Maria stürzt im Hause Müller von der Leiter und bricht sich das Bein. Sie wird im Krankenhaus behandelt. Herr Müller erinnert sich, dass pflegende Angehörige gesetzlich unfallversichert sind und denkt, dies gilt auch für Maria. Ein Anruf bei der zuständigen Berufsgenossenschaft bringt eine Lawine ins Rollen: Der Sachbearbeiter fragt genau nach, wer denn Maria sei, wo sie herkomme etc. Er meldet Maria bei der Krankenkasse der Müllers und erstattet Anzeige wegen illegaler Beschäftigung der Haushaltshilfe. Herr Müller erhält nach diversem Hin und Her eine Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge sowie der Lohnsteuer. Es wird ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen ihn eröffnet und schließlich muss er eine Geldbuße von 3.000 Euro bezahlen.  

Angehörigen, die sich durch osteuropäische Haushalts- oder Pflegehilfen unterstützen lassen möchten, rate ich, einen Experten die Angebote von Vermittlungsagenturen überprüfen zu lassen. Oft werben die Agenturen damit, nur selbstständige Kräfte zu vermitteln, für die keine Beiträge und Steuern zu entrichten sind. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn eine sogenannte Entsendebescheinigung aus dem Heimatland der Hilfskraft vorliegt. In allen anderen Fällen müssen Familien damit rechnen, dass die deutschen Behörden die Hilfskraft nicht als selbstständig, sondern als abhängig beschäftigt ansehen. Das bedeutet, die Familie des Demenzkranken oder der Demenzkranke selbst fungieren als Arbeitgeber – mit dem Resultat, dass Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer zusätzlich zum vereinbarten Entgelt zu zahlen sind. Werden die Hilfskräfte nicht ordnungsgemäß bei der Krankenkasse, Sozialversicherung etc. angemeldet, kann dies ein Verfahren wegen sogenannter Schwarzarbeit nach sich ziehen. Gerichte haben in solchen Fällen bereits Bußgelder bis zu 30.000 Euro verhängt. Insofern haben die betroffenen Familien wirtschaftlich nichts gespart, sondern noch erheblich mehr gezahlt, haben eine Menge Unannehmlichkeiten und müssen sich zudem noch um eine neue Betreuungskraft kümmern.