Maria Tölle Erfahrungen in der Pflege während und nach der Ausbildung

Als ich meine Ausbildung zur Altenpflegerin begann, erlag ich dem Trugschluss, dass Menschen in Pflegeberufen sozial kompetenter seien und fürsorglich miteinander umgingen. Tatsächlich war ich völlig entsetzt über das oft schlechte Miteinander in den Pflegeteams und über die zahlreichen Burn-out-Symptome meiner Kollegen. Dauerstress am Arbeitsplatz, Wochenendarbeit und bis zu 13 Arbeitstage am Stück haben auch mich sehr belastet – vor allem in den stationären Einrichtungen, aber auch im ambulanten Dienst.

Oft konnte und kann ich bis heute nach Feierabend nicht abschalten. "Lernt man, damit umzugehen?", fragten wir "Azubis" uns untereinander während des Unterrichts und ich meinte: "Nein, empathische Menschen haben es damit sicherlich immer sehr schwer." Inzwischen weiß ich, dass man mit der Zeit lernt, zumindest professioneller mit den körperlichen und auch psychischen Belastungen des Pflegeberufs umzugehen. Dazu gehört auch, Trauer und Erinnerungen an eigene Verlusterfahrungen zuzulassen. Einige Situationen kosten besonders viel Kraft und setzen Emotionen frei. Ruhigere Zeiten ermöglichen dann den notwendigen Ausgleich – sofern man in einem Team arbeitet, in dem ein Austausch stattfindet und auch Gefühle erlaubt sind.
In den meisten stationären Einrichtungen käme ich heute mit Sicherheit nicht mehr klar. Die Zeitkorridore laut Leistungskatalog für die einzelnen Pflegemaßnahmen sind für mich, die mit Fünfzig noch zur Berufsanfängerin wurde, einfach zu eng. Aber auch die jüngeren Kollegen klagten bereits während ihrer Ausbildung über die große Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis.
Ich finde es bedauerlich, dass eine anfänglich hohe Motivation oft dem Berufsalltag zum Opfer fällt. Den Druck auszuhalten, habe ich nicht immer geschafft. Es gab Probearbeitstage, die ich vorzeitig abgebrochen habe:

Ich konnte es nicht ertragen, wie emotionslos in einigen Heimen gepflegt wird.
In vielen anderen Einrichtungen, und das soll nicht unerwähnt bleiben, wird den Patienten eine gute und einfühlsame Versorgung zuteil. Besonders gern gearbeitet habe ich bisher in der stadteilbezogenen Quartiersarbeit und in häuslichen Wohngemeinschaften, in angenehmen Teams mit netten Kollegen.

Es ist mir sehr wichtig, dass Zeit bleibt, sich untereinander und mit den Menschen mit Hilfebedarf auszutauschen. So können sie zu guten Freunden werden, mit denen wir lachen und den Alltag durchleben. In solchen Momenten bin ich sehr stolz auf meinen neuen Beruf und würde mit niemandem tauschen wollen.