Bärbel Schönhof Friedrich wehrt sich gegen eine fehlerhafte Pflegegradeinstufung

Gisela bespricht mit Friedrich, was nach der bei ihm diagnostizierten Demenz noch alles zu tun ist. Der Arzt hatte geraten, einen Antrag bei der Pflegekasse auf Einstufung in einen Pflegegrad zu stellen, damit sie Leistungen der sozialen Pflegeversicherung in Anspruch nehmen können. Dadurch soll Gisela in der Pflege und Betreuung von Friedrich entlastet werden.

Friedrich war das alles sehr unangenehm. Fremde Menschen würden ins Haus kommen und viele Fragen stellen. Er empfand große Scham, dass seine Einschränkungen offengelegt werden müssten. Doch seine Ehefrau Gisela nahm ihm die Angst. Sie würde bei den Gesprächen dabei sein und sich mit ihm gemeinsam auf die Begutachtung vorbereiten. Sie wusste, dass für die Einstufung in einen Pflegegrad ein Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) zu ihnen kommen und Fragen stellen würde. Die Pflegekasse hatte ihnen ein Pflegetagebuch zukommen lassen. Sie gingen alle Fragen und Punkte durch und versuchten, so genau und ehrlich wie möglich die Fähigkeiten Friedrichs darzustellen, die noch vorhanden oder schon eingeschränkt waren. Gisela hatte sich vorher bei einer Pflegeberatung informiert. Die Pflegekasse ist verpflichtet, innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung einen Kontakt zu einer Pflegeberatung herzustellen und die Begutachtung zu veranlassen.

Ein Gutachter des MDK kündigte sich für die kommende Woche an, so dass sie genügend Zeit hatten, alle erforderlichen Daten und Dokumente zusammen zu stellen. Sie stellten Friedrichs persönliche Daten zusammen, schilderten die momentane Pflege- und Wohnsituation in einer schriftlichen Zusammenfassung, füllten das Pflegetagebuch aus, sammelten alle vorhandenen Arzt- und Krankenhausberichte, listeten die Hilfsmittel auf, die Friedrich nutzte.

Der Gutachter des MDK stellte Friedrich viele Fragen. Gisela war bei der Befragung dabei, sie überreichte dem Gutachter alle vorher zusammen gestellten Unterlagen. Der Gutachter würde über ein genaues Punktesystem den Pflegegrad ermitteln. Die Pflegekasse würde dann einen entsprechenden Bescheid an Friedrich schicken. Sie ist verpflichtet, einen solchen Bescheid innerhalb von 25 Tagen nach Stellung des Antrages zu erteilen. Friedrich erhielt einen Bescheid über die Einstufung in Pflegegrad 2. Damit waren Friedrich und Gisela nicht einverstanden. Die Pflegekasse hatte das Gutachten des MDK gleich mitgeschickt, so dass Gisela und Friedrich sehen konnten, wo die unterschiedlichen Einschätzungen lagen. Gisela bewahrte den Briefumschlag auf, da sie wusste, dass sie eine Widerspruchsfrist von einem Monat einhalten muss, wenn sie sich gegen diese Entscheidung wehren wollten. Die Frist beginnt, sobald der Bescheid bei ihnen angekommen ist.

Friedrich legte Widerspruch ein, indem er ein entsprechendes Schreiben per Einschreiben innerhalb der Frist an die Pflegekasse schickte. Die Pflegekasse beauftragte den MDK mit der Überprüfung des Widerspruchs. Hierbei kann der MDK entweder nach Aktenlage ein weiteres Gutachten erstellen oder einen neuen Hausbesuch durchführen. Friedrich und Gisela begründeten den Widerspruch ausführlich, der MDK kam daraufhin zu dem Ergebnis, dass Pflegegrad 3 gegeben sei. Die Pflegekasse bewilligte diesen Pflegegrad rückwirkend seit Antragstellung.

Wäre der Widerspruch abgelehnt worden, hätte Friedrich die Möglichkeit gehabt, vor dem Sozialgericht Klage auf einen höheren Pflegegrad einzureichen. Nach Erhalt des so genannten Widerspruchsbescheides hätte Friedrich einen Monat Zeit, die Klage beim Sozialgericht einzureichen. Gisela hatte sich für diesen Fall bereits kundig gemacht. Sie würden die Klage zunächst ohne Begründung einreichen, dann Einsicht in die Akten der Pflegekasse nehmen und eine ausführliche Begründung nachschieben. Gisela hatte auch erfahren, dass die Möglichkeit besteht, für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe gewährt zu erhalten und auf dieser Basis einen Anwalt mit der Durchsetzung der Ansprüche zu beauftragten. Dies kam für Friedrich jedoch nicht in Betracht, da er nicht bedürftig im Sinne der entsprechenden Vorschriften war. Das Sozialgericht würde den gesamten Sachverhalt von Amts wegen ermitteln, dabei auch einen neutralen Sachverständigen beauftragen, ein Pflegegutachten zu erstellen. Auf Basis dieses Gutachtens würde das Gericht eine Entscheidung treffen.