Dr. Elisabeth Philipp-Metzen Gewaltprävention bei Demenz

Umgang mit herausforderndem Verhalten

Mit Gewaltprävention in der Pflege sind Maßnahmen gemeint, die dazu beitragen, Konflikte und aggressives Verhalten in der Pflege und beim Krankheitsbild Demenz zu vermindern beziehungsweise möglichst zu verhindern. Aggressionen und andere problematische Verhaltensweisen können von Menschen mit Demenz selber oder von der pflegenden beziehungsweise betreuenden Person ausgehen. In diesem Beitrag geht es darum, herausforderndem Verhalten von Menschen mit Demenz angemessen zu begegnen.

Denn bei stark ausgeprägten Symptomen kann es, unbeabsichtigt vom Menschen mit Demenz, zu diesen herausfordernden Verhaltensweisen kommen: vermehrte Aggressivität, starkes Abwehrverhalten, große Unruhe und Gereiztheit sowie beständiges Rufen oder Schreien gehören dazu. Als besonders belastend werden körperliche Formen wie Treten, Beißen, Schlagen, Kneifen oder Würgen erlebt. Für Angehörige, wie zum Beispiel Partner oder Partnerinnen, kommt oft ein ausgeprägtes Gefühl der Scham dazu, anderen einzugestehen, dass „der eigene Mann/die eigene Frau einem so etwas antut“.

In vielen Fällen kann diesem Verhalten durch methodisches Vorgehen vorgebeugt oder es kann in der Häufigkeit des Auftretens verringert werden. Zu den Methoden gehören beispielsweise biografisches Arbeiten, demenzsensible Kommunikation, Bewegungsförderung und Deeskalation.
Biografisches Arbeiten führt dazu, dass die Lebensgeschichte des Menschen mit Demenz bei der Alltagsgestaltung berücksichtigt wird. Seine Vorlieben und Fähigkeiten werden in die Tagesaktivitäten eingebunden, seine Lebensgeschichte reflektiert und seine Individualität wertgeschätzt. Prägungen aus früheren Zeiten wird mit Verständnis begegnet. Im Rahmen einer demenzsensiblen Kommunikation wird man sich von Beginn an auf kognitive Beeinträchtigungen einstellen. Informationen werden in kleinen Einheiten und mit ausreichenden Pausen vermittelt. Dagegen wird langes „Zutexten“ vermieden. Freundlichkeit und Humor tragen oftmals zum Abbau von Gereiztheit beziehungsweise Stress bei Menschen mit Demenz bei. Starken Anspannungen und Unruhe kann auch mit Bewegungsförderung begegnet werden. Begleitete Spaziergänge und Outdoor-Aktivitäten sind sehr beliebt, teilweise werden diese auch in Gruppen angeboten. Bei schlechtem Wetter und Zeitknappheit können unter anderem Fitnessgeräte in der eigenen Wohnung weiterhelfen.

Von zentraler Bedeutung ist die Deeskalation in konflikthaften Situationen. Nicht selten wurden die Spannungen durch die Pflege- beziehungsweise Betreuungsperson selber hervorgerufen, beispielsweise durch unangebrachte Bevormundung, Vorwürfe oder Zurechtweisung („Aber du weißt doch, dass wir heute einen Arzttermin haben!“ oder „Das hast du mich doch vorhin schon einmal gefragt!“). Da Gedächtniseinbußen und weitere Beeinträchtigungen zum Krankheitsverlauf gehören und nicht willentlich hervorgerufen werden, ist es kontraproduktiv, dem erkrankten Menschen dies immer wieder vorzuhalten. Hier ist eine eigene Verhaltensänderung gefragt. In anderen Situationen hilft häufig schon das kurzzeitige Verlassen des Zimmers, um verbale Auseinandersetzungen nicht eskalieren zu lassen, vorausgesetzt, dass dies ohne Gefährdung des demenziell erkrankten Menschen möglich ist.

Zu diesen und weiteren Methoden gibt es Fortbildungen, die zu einem angemessenen Umgang mit herausforderndem Verhalten von Menschen mit Demenz befähigen.