Martin Hamborg Herausforderungen an das Management am Beispiel von IQM Demenz

Der Fisch schwimmt mit dem Kopf voran.

Nicht nur, wenn Skandale in Heimen oder Krankenhäusern die Öffentlichkeit erschüttern, wird die Frage nach der Verantwortung des Managements gestellt. Oft genug werden erhebliche Mängel in der Leitung deutlich, doch welche Unterstützungen gibt es, damit "der Fisch nicht vom Kopf her stinkt", sondern mit dem Kopf voranschwimmt?

Management ist mehr als Betriebswirtschaft und Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit.
Im Zentrum steht die Qualität für eine Kundin, einen Kunden, einen Gast, eine Bewohnerin, einen Bewohner, eine Patientin oder einen Patienten, die oder der durch seine Demenz besondere Anforderungen an die Institution stellt.

Drei Grundanforderungen kennzeichnen die professionelle Versorgung der derzeit 1,7 Millionen Menschen mit Demenz.

  1. Da ein Lernen und eine Anpassung an die Umwelt mit zunehmender Demenz unmöglich sind, erfordern Dienstleistungen eine 100%tige Orientierung auf den Menschen mit Demenz. Diese radikale Anforderung wirkt sich auf alle Bereiche des Managements aus.
  2. Die Abhängigkeit in allen Alltagssituationen macht ein Milieu, eine Atmosphäre oder Kultur notwendig, die eine 24-stündige Sicherheit und Geborgenheit gewährleistet und die Defizite an Orientierung und Tagesstruktur kompensiert. Auf der anderen Seite erfordern Grundbedürfnisse wie der Wunsch nach Entfaltung in der subjektiven Welt des Menschen mit Demenz eine hohe Flexibilität und Toleranz.
    Einrichtungen, die sich auf demenzkranke Menschen spezialisiert haben, setzen um, was visionäre neurobiologisch orientierte Konzepte von Bildungsinstitutionen und Betrieben fordern: das gelungene Wechselspiel von Geborgenheit und Selbstentfaltung.
  3. Wenn sich eine Institution ganz auf demenzkranke Menschen einstellt, Gemütlichkeit, Sicherheit, Vorhersehbarkeit, Ruhe, Verständnis, Empathie, Toleranz und Freundlichkeit ausstrahlt, dann ist dies auch für (noch) nicht demenzkranke Patienten, Kunden, Gäste oder Bewohner vorteilhaft. Das, was für einen Menschen mit Demenz notwendig ist, wünschen sich (eigentlich) alle, die auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. Demenzsensibel oder demenzfreundlich wird damit zu einem allgemeinen Qualitätsmerkmal.

Diese Prämissen erfordern eine entsprechende Einrichtungskultur. Hohe Erwartungen werden dabei an die Vorbildfunktion und das Charisma der Leitungen gestellt. Sie sollten in die Lage versetzt werden, Mitarbeitende für die "Ich-Du-Begegnung" und eine personenbezogene Betreuung, Pflege und Therapie der Menschen mit Demenz zu begeistern und zu inspirieren.

Die Frage, wie entsprechende Rahmenbedingungen etabliert werden können, stand im Mittelpunkt des Qualitäts-, Organisations- und Personalentwicklungsinstruments IQM DEMENZ. Es wurde von der Deutsche Expertengruppe Dementenbetreuung e. V. mit Förderung des BMFSFJ für die stationäre Pflege entwickelt und erprobt.

Abschlussbericht "Nichtmedikamentöse Behandlung der Alzheimer Demenz" von 2007

Deutsche Expertengruppe Dementenbetreuung e. V.

Das Integrierte Qualitätsmanagementsystem - Demenz für stationäre Einrichtungen

Selbstbewertungsteams aus der Mitarbeiterschaft überprüfen zunächst anhand konkreter Fragen den aktuellen Stand der Konzepte und Verfahren. Im zweiten Schritt erfolgt eine Selbstbewertung, indem fachliche Anforderungen und Qualitätsindikatoren auf drei Ebenen bewertet werden: Wichtigkeit, Bekanntheit und Umsetzung.

In dem Projekt wurden sechs Qualitätsebenen erarbeitet, in denen sich eine Institution entwickeln kann:

  1. Pflege und Betreuung
    Erfüllen die Konzepte für die Betreuung, Pflege, Sterbebegleitung bewährte Kriterien?
    Wie gelingt es Pflege, Therapie und Betreuung nach den fachlichen Standards sicherzustellen?
  2. Informationsmanagement
    Wie sichert der Informationsfluss und die Transparenz nach innen und außen die Qualität der Versorgung?
  3. Personalmanagement
    Wie gelingt es, geeignete Mitarbeitende zu finden, zu fördern, zu halten und für die tägliche Arbeit zu begeistern?
  4. Risikomanagement
    Wie gelingt es im Spannungsfeld von Sicherheit, Selbstbestimmung und Wohnlichkeit, Wohlbefinden in jedem Moment zu sichern?
  5. Alltagsmanagement
    Wie gut ist die Leitung in die Herausforderungen der Praxis einbezogen, damit sie ihre Vorbildfunktion optimal wahrnehmen kann, Mitarbeitende unterstützt und einen Beitrag dafür leistet, dass die Einrichtung positiv in das Quartier oder den Sozialraum wirkt?
  6. Strategisches Management
    Wie ist die Institution im Versorgungsnetz und im Gemeinwesen verankert, wie wirkt dies auf das Wohlbefinden des Menschen mit Demenz?

Häufig gestellte Fragen

Einige Aspekte, wie Lebensqualität für Menschen mit Demenz strukturell verankert werden kann, finden Sie hier.

Literaturempfehlung

Wenn Sie sich weiter mit dem Thema beschäftigen wollen finden Sie eine Auswertung der bisherigen Erfahrung in der folgenden Literaturangabe. Sie erfahren, wie Sie mit IQM Demenz pragmatisch die Anforderungen des neuen Pflegebegriffs und der neuen Prüfrichtlinie umsetzen, den Expertenstandard "Beziehungsgestaltung für Menschen mit Demenz" einführen und ein attraktiver Arbeitgeber werden.

Hamborg, Martin (2020): IQM Demenz in der Altenpflege
Vom Pflegeheim zur demenzfreundlichen Magneteinrichtung
Springer, ISBN 978-3-662-61310