Raimund Oberschmid Mein Leben mit einer seltenen Demenzform – zwischen Angst, Anpassung und Hoffnung

Als bei mir die Diagnose Frontotemporale Demenz, semantische Variante gestellt wurde, war ich Mitte vierzig. Viel zu jung, um an eine Demenz zu denken – mitten im Berufsleben, voller Pläne, aktiv im Alltag. Die Worte der Ärztin trafen mich wie ein Schlag. Ich hörte sie sprechen, doch es fühlte sich an, als stünde ich neben mir. In diesem Moment wusste ich, dass nichts mehr so sein würde wie zuvor.

Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine seltene Form der Demenz, die nicht in erster Linie das Gedächtnis betrifft, sondern Sprache, Verhalten und Persönlichkeit. Bei mir begann es schleichend: Wörter fehlten mir plötzlich, vertraute Begriffe klangen fremd. Gespräche, die früher selbstverständlich waren, wurden anstrengend. Menschen in meinem Umfeld merkten nur kleine Veränderungen – ich hingegen spürte, dass tief in mir etwas nicht stimmte.

Die Zeit nach der Diagnose war geprägt von Angst, Ungewissheit und unzähligen Fragen. Wie schnell würde die Krankheit fortschreiten? Was würde aus meinen Träumen? Wie würde mein Umfeld reagieren? Ich lernte, dass Offenheit zwar schwerfällt, aber ein Schlüssel ist – zu Verständnis und Unterstützung.
Um meine Gedanken zu ordnen, begann ich zu schreiben. Erst nur für mich, um nicht in den Strudel der Hilflosigkeit zu geraten. Mit der Zeit merkte ich, dass meine Aufzeichnungen auch anderen helfen könnten – Menschen, die eine ähnliche Diagnose bekommen haben, und Angehörigen, die verstehen wollen, wie sich das Leben mit FTD anfühlt.

Mein Alltag hat sich verändert. Routinen geben mir Sicherheit, Humor ist mein ständiger Begleiter. Ich akzeptiere, dass ich manche Dinge nicht mehr so kann wie früher – und dass es in Ordnung ist, Hilfe anzunehmen. Ich habe gelernt, die guten Momente bewusst zu genießen, und die schwierigen mit Geduld zu ertragen.

Mein Rat an andere Betroffene und Angehörige:

  • Suchen Sie Informationen, aber lassen Sie sich nicht von Fachbegriffen einschüchtern.
  • Sprechen Sie offen über die Krankheit – das schafft Verständnis.
  • Tauschen Sie sich aus – Erfahrungen sind wertvoller als jede Theorie.
  • Halten Sie Erlebnisse schriftlich fest – das hilft, den Verlauf zu verstehen und eigene Fortschritte wahrzunehmen.

Heute sehe ich meine Geschichte nicht nur als persönliche Prüfung, sondern als Chance, anderen Mut zu machen. Wer meine Erfahrungen liest, wird spüren, dass das Leben auch mit einer Demenzdiagnose noch voller Sinn, Freude und Hoffnung sein kann – trotz aller Herausforderungen.

Mein Weg ist noch lange nicht zu Ende. Es gibt schwere Tage, aber auch solche, an denen ich vergesse, dass ich krank bin. Ich habe gelernt, dass es sich lohnt, jeden einzelnen Tag bewusst zu leben – und dass selbst inmitten einer Diagnose wie FTD Platz für Lachen, Nähe und neue Pläne bleibt.

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