Jochen Gust Pflegealltag dokumentieren – warum es wichtig ist und wie es gelingen kann

Viele Angehörige von Menschen mit Demenz leisten jeden Tag enorme Arbeit. Doch im Alltag geht schnell unter, was man alles tut: aufstehen helfen, Essen reichen, Medikamente geben, Spaziergänge begleiten, nachts aufstehen. Eine einfache Dokumentation kann hier entscheidend helfen – nicht nur für andere, sondern auch für Sie selbst.

Warum Dokumentation für Angehörige sinnvoll ist

Oft denkt man beim Thema Dokumentation zuerst an die Pflegekasse oder an Ärztinnen und Ärzte. Natürlich sind Aufzeichnungen auch dort wichtig: Sie können bei einer Begutachtung zeigen, wie viel Unterstützung tatsächlich nötig ist, oder Ärztinnen beziehungsweise Ärzten erleichtern, den Verlauf der Demenz besser einzuschätzen.

Der vielleicht größte Nutzen für Angehörige selbst liegt aber woanders: Eine Dokumentation macht sichtbar, wie viel Sie Tag für Tag leisten. Wer bei einem Menschen mit Demenz mitten im Pflegealltag steckt, bemerkt oft gar nicht, wie viele kleine und große Handgriffe zusammenkommen. Erst wenn Sie regelmäßig notieren, wann Sie nachts aufgestanden sind, wie lange die Morgenroutine gedauert hat oder wie oft Sie am Tag beim Essen unterstützt oder auf Schwankungen im Verhalten und der Stimmung zeitintensiv reagiert haben, erkennen Sie, welche Belastung Sie tatsächlich täglich tragen.

Diese Klarheit ist wichtig, um rechtzeitig reagieren zu können. Vielleicht merken Sie, dass Sie seit Wochen keine Nacht mehr durchgeschlafen haben oder dass Sie tagsüber kaum noch Zeit für eigene Pausen finden. Solche Erkenntnisse helfen zum Beispiel mit dem Hausarzt zu sprechen, Entlastungsangebote wie Tagespflege oder stundenweise Betreuung in Anspruch zu nehmen oder ganz konkret mit anderen Angehörigen im Familienkreis Aufgaben neu zu verteilen. Auch im Gespräch mit einem lokalen Pflegestützpunkt kann Ihnen dies helfen, Ihre Situation und den Unterstützungsbedarf deutlich zu machen. 

Dokumentation ist damit nicht nur ein „Nachweis“ für andere, sondern auch ein Werkzeug der Selbstfürsorge. Sie gibt Ihnen die Möglichkeit, die eigenen Grenzen besser wahrzunehmen und früher gegenzusteuern, bevor die Belastung zu groß wird.

Wie geht das praktisch?

Es muss kein kompliziertes Pflegeprotokoll sein. Schon wenige Stichpunkte am Tag reichen: Ein Kalender oder Notizbuch, in dem Sie Auffälligkeiten kurz notieren, kann viel bewirken. Viele Krankenkassen bieten zudem Pflege-Tagebücher oder kostenfreie Apps an, die beim Festhalten helfen. Auch eine selbst erstellte Tabelle mit Datum und kurzen Vermerken zu Schlaf, Essen, Stimmung oder besonderen Vorkommnissen genügt vollkommen.

Fazit

Eine Dokumentation ist für Angehörige mehr als Bürokratie. Sie ist ein Spiegel der eigenen Belastung – und damit ein wichtiges Instrument, um rechtzeitig Hilfe zu suchen, die Versorgung zu verbessern und auch sich selbst nicht aus den Augen zu verlieren.

 

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