Jochen Gust Selbststimulation – Ursachen erkennen und mit kleinen Veränderungen helfen

Vielleicht haben Sie schon einmal beobachtet, dass Ihr betroffener Angehöriger immer wieder die Hände reibt, mit den Fingern trommelt oder andere sich ständig wiederholende Bewegungen macht. Das können auch Laute sein, zum Beispiel Brummtöne. Dieses Verhalten kann der Selbststimulation (Autostimulation) dienen und ist oft ein Zeichen dafür, dass etwas fehlt oder nicht stimmt. Viele Angehörige sind verunsichert, warum ihr Partner, Elternteil oder Freund solche unruhigen Verhaltensweisen zeigt. Die gute Nachricht ist: oft können Sie durch kleine Veränderungen helfen.

Menschen mit Demenz sind manchmal überfordert oder bekommen zu wenige Reize aus ihrer Umgebung. Dann beschäftigen sie sich selbst, um innere Unruhe oder Langeweile zu bekämpfen. Wiederholte Bewegungen geben ihnen ein Gefühl von Sicherheit. Auch Schmerzen oder Taubheitsgefühle, zum Beispiel durch Arthrose oder Nervenschäden, können der Grund sein: Wenn Hände oder Füße schmerzen oder kribbeln, versuchen Betroffene durch Reiben oder Klopfen Linderung zu verschaffen. Es gibt aber noch weitere Ursachen: Angst, Stress oder Orientierungslosigkeit, die eine Demenz mit sich bringen kann, können ebenfalls zu solchen Bewegungen führen. Und manchmal entstehen aus kleinen Handlungen feste Gewohnheiten, die dann immer wieder ablaufen.

Wichtig ist: diese Formen der Selbststimulierung sind kein „böswilliges“ Verhalten und kein Ausdruck von Unzufriedenheit mit Ihnen als pflegende Person. Es kann vielmehr eine Art Hilferuf sein, eine Bitte um eine Veränderung.

Was können Sie tun? Versuchen Sie, Ihren Angehörigen liebevoll abzulenken, etwa mit einer sanften Handmassage, einem warmen Tuch oder einem kleinen gemeinsamen Spaziergang. Machen Sie sich gegebenenfalls eine Notiz, ob das geholfen hat. Achten Sie darauf, dass es im Tagesablauf genug Abwechslung gibt: Musik, kurze Gespräche oder einfache Spiele können helfen, die Sinne zu beschäftigen. Vermeiden Sie, dass Ihr Angehöriger über längere Zeit nur sitzt und passiv vor dem Fernseher verharrt oder ins Leere starrt – das erhöht die Gefahr von Langeweile und verstärkt das Bedürfnis nach Selbstbeschäftigung. 

Wenn Sie den Eindruck haben, dass Schmerzen oder Medikamente der Auslöser sein könnten, sprechen Sie unbedingt mit dem Hausarzt oder einer Pflegefachperson. Die enge Zusammenarbeit mit Pflege- und Betreuungskräften kann sehr hilfreich sein: Gemeinsam lassen sich Lösungen finden, um Ihrem Angehörigen mehr Wohlbefinden und Sicherheit zu geben. Auch schon das gemeinsame Beurteilen der Situation kann nicht nur für den Betroffenen hilfreich sein, sondern auch für Sie eine Entlastung darstellen.

Denken Sie daran: ungewöhnliche Verhaltensweisen sind oft ein Hinweis darauf, dass etwas fehlt oder etwas verändert werden muss. Beobachten Sie genau und probieren Sie aus, was Ihrem Angehörigen guttut. Bleiben Sie geduldig: Manchmal braucht es Zeit, bis sich Verbesserungen zeigen.

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