Trauer verbindet man meist mit der Zeit nach dem Versterben eines nahestehenden Menschen. In der Versorgung von Menschen mit Demenz beginnt Trauer jedoch oft viel früher. Viele Angehörige spüren schon Traurigkeit, Verlustgefühle oder Schuld, während der geliebte Mensch noch lebt. Weil Gewohntes verschwindet, Rollen kippen und gemeinsame Pläne sich auflösen. Diese „antizipatorische Trauer“ ist keine Schwäche, sondern eine verständliche Reaktion auf andauernde Veränderungen, auf den Verlust über Zeit – trotz aller Bemühungen. Diese Trauer zu benennen kann helfen, mit ihr umzugehen.
Demenz verläuft in der Regel über Jahre. Fähigkeiten lassen nach, Persönlichkeit und Kommunikation verändern sich. Angehörige erleben kleine Abschiede am laufenden Band: vom vertrauten Blick bis zur gemeinsamen Routine. Dazu kommt die Pflegebelastung, oft mit wenig Schlaf, organisatorischem Druck und dem Gefühl, ständig funktionieren zu müssen. Solche Daueranforderungen wirken sich direkt auf die Seele aus. Erschöpfung, Reizbarkeit, Schlafstörungen oder körperliche Beschwerden sind häufige Warnzeichen, auf die man reagieren darf und sollte. Der Ratgeber "Entlastung für die Seele" (PDF-Dokument) der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioreorganisationen e.V. kann hilfreich sein.
Wissenschaftliche Übersichten berichten: Vor dem Tod erleben sehr viele Angehörige ausgeprägte Trauerreaktionen. Besonders betroffen sind Partnerinnen und Partner, Menschen mit hoher Pflegebelastung oder depressiven Symptomen sowie in Situationen fortgeschrittener Demenz. Nach einem Todesfall entwickeln einige eine anhaltende, komplizierte Trauer; das Risiko steigt, wenn die Vor-Trauer schon sehr stark war.
Benennen, was ist
„Ich trauere, obwohl der Mensch noch lebt.“ - dieser Satz kann verbunden mit der Akzeptanz dieser Trauerphase bereits entlasten. Halten Sie Veränderungen fest (Tagebuch, kurze Notizen) und würdigen Sie das, was bleibt: ein gemeinsames Lied, ein Händedruck, ein Lächeln. Solche „Mikro-Rituale“ geben Halt. Hinweise, die eigene Entlastung aktiv zu planen (kleine Pausen, Atemholen, feste Auszeiten), finden Sie in praxisnahen Ratgebern für Angehörige oder lokalen Unterstützungsangeboten. Ihre Trauer ist ein Zeichen von Liebe und von Belastung – beides darf gleichzeitig da sein. Benennen, was weh tut. Teilen, was zu schwer wird. Holen Sie Hilfe früher, nicht später. Gute Begleitung sorgt nicht nur für den kranken Menschen, sondern auch für Sie. Hilfreiche Informationen dazu finden Sie unter anderem in der Broschüre "Fortgeschrittene Demenz und Lebensende" (PDF-Dokument) der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V.
Lokale Trauer- und Selbsthilfegruppen finden Sie beispielsweise über www.nakos.de oder auf der Webseite www.trauergruppe.de
Angebote zur Hospiz- und Palliativversorgung können Sie dem Wegweiser Demenz auf der Seite "Lebensende" sowie der Internetseite www.wegweiser-hospiz-palliativmedizin.de/ entnehmen.
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